Es ist 07:39 an einem Samstag und ich bin wach. Hatte gerade aber einfach Lust einen Blogeintrag zu schreiben und einer der riesen Vogelschwärme draußen war so laut, dass ich sowieso nicht wieder einschlafen könnte. Es gibt natürlich wieder etwas zu erzählen, sonst würde ich auch nicht schreiben;)
Ambra und ich haben nämlich unseren ersten richtigen Arbeitsauftrag bekommen. Vorher haben wir immer ein paar kleinere Dinge erledigt, wie zum Beispiel Schaufenster dekorieren oder die Präsentation über Ottersberg machen. Aber jetzt müssen wir eine Präsentation über die EU vorbereiten, die wir dann am Dienstag in einer Klasse in dem Gymnasium hier vorstellen. Und die Klasse hat als Schwerpunkt Gesetze und Wirtschaft, also eigentlich gar nicht mein Ding. Ich glaube fast, dass die mehr über das Thema Gesetze in der EU wissen als wir. Aber das ist ja auch noch unsere erste Präsentation und in einem halben Jahr werden wir Profis sein, wenn es um das Wissen über die EU und Europa geht.
Jetzt wissen Ambra und ich zumindest genau, was wir machen können, wenn wir ins Büro kommen und das ist sehr viel besser als immer darauf zu warten, dass Sarah irgendwelche Aufgaben für uns hat.
Ich denke, ich werde mal versuchen euch zu erklären, was ich hier eigentlich mache. Vor ein paar Wochen wusste ich das selber noch nicht so genau, aber so langsam verstehe ich was Ambras und meine Aufgabe hier ist. Das Ganze geht darum mehr Internationalität in die Schulen, Kindergärten und überhaupt nach Mellerud zu bringen. Wir sollen ein klein wenig für den Europäischen Freiwilligendienst (so heißt das Programm) werben und über die EU und Europa erzählen. Um das tun zu können, sind Ambra und ich in vielen verschiedenen Bereichen unterwegs.
Ein Bereich ist das Jugendzentrum. Dort haben wir eigentlich keine konkrete Aufgabe. Es geht einfach darum als Nichtschwede dort zu sein und mit den Jugendlichen dort zu reden, zu spielen und das Ausland vielleicht etwas interessanter zu machen.
Das Gleiche sollen wir eigentlich auch im Kindergarten hier machen, aber wahrscheinlich fangen wir damit erst an, wenn wir etwas besser Schwedisch können.
Dann machen wir diese Präsentationen an den Schulen. Die Lehrer können uns einfach „bestellen“ und sagen, worum es so ungefähr in der Präsentation gehen soll. Birgitta ist ja auch Lehrerin und von ihr wurde wir auch schon „bestellt“. In ihrer Klasse sollen wir aber nicht über die EU, sondern über den EVS (European Voluntary Service) und unsere Heimatländer reden.
Der nächste Bereich sind die kulturellen Events hier. Wir sollen bei einigen Events mithelfen. Bislang wissen wir aber noch nicht viel darüber. Ich weiß, dass wir bei einer Halloween-Party für kleine Kinder im Jugendzentrum mithelfen sollen, bei der sogenannten „Kulturnatta“ (Kulturnacht) im November und bei dem Europatag im Mai. Dann gibt es noch das Megaevent: Die Europawoche. Die sollen Ambra und ich alleine organisieren. Natürlich bekommen wir Hilfe, aber wir werden die Hauptorganisatoren sein. Das findet zwar erst im Mai statt, aber wir werden wohl schon im November oder Dezember damit anfangen.
Im Sommer werden dann jede Menge Touristen nach Mellerud kommen und viele davon kommen wohl aus Deutschland. Dann werden wir richtig im Touristenbüro/Bürgerkontaktbüro arbeiten und den Touristen erzählen wie schön Mellerud ist und was sie sich alles angucken sollen.
Außerdem werden wir immer wieder mal sowas wie den „European Language Day“ machen. Das Europa Direkt-Büro in Åmål (der nächstgrößeren Stadt hier) macht nämlich viele solche Aktionen, bei denen es darum geht etwas über Europa oder die EU zu erzählen. Manche Schulen finden es dann super, wenn tatsächlich ein paar junge Leute aus anderen Ländern dabei sind. Deswegen werden wir Freiwilligen bei unseren Fikas in Åmål immer wieder gefragt, ob wir bei so etwas wie dem „Language Day“ dabei sein wollen.
Es gibt dann noch ein paar kleinere Aufgaben für mich und Ambra, aber mir fällt jetzt nichts mehr ein;) Wie ihr seht, haben wir zumindest jede Menge zu tun!
Zu der eigentlichen Arbeit kommt noch unser Schwedischunterricht. Zwar ist es manchmal langweilig dort, weil wir doch sehr viel wiederholen (da wird nicht so schnell durch das ganze Material gerast, wie wir es von der Schule gewöhnt sind), aber es macht auch Spaß. Vor allem, weil die Leute total nett sind und es wirklich lustig ist zu versuchen sich auf Schwedisch mit ihnen zu unterhalten.
Am Dienstagnachmittag haben wir einen Ausflug nach Dals Rostock gemacht. Dals Rostock ist ein kleiner Ort 8 Kilometer von Mellerud entfernt. Zuerst sind wir zu einem Museum gefahren. Das war so halb interessant. Die Frau, die uns rumgeführt hat, hat nämlich nur Schwedisch geredet und wenn man dann den Faden verliert, geht es ganz schnell, dass man einfach komplett abschaltet. Und außerdem war es soo kalt in dem Haus, kälter als draußen! Hinter dem Haus gab es einen ganz netten Kräutergarten mit Teich. Die Kräuter wurden früher für medizinische Zwecke verwendet. Dann durften wir zu der Frau ins Haus gehen, weil sie direkt nebenan wohnt und ein Atelier hat. Da gab es so coole Sachen! Vielleicht kaufe ich dort mal Geburtstagskarten für euch, weil es dort so schöne gab:)
Nach dem Besuch im Museum sind wir noch weiter ins Dorf gefahren, den Berg hinauf. Um Mellerud herum ist es nämlich sehr flach, aber Dals Rostock liegt eher in hügeligem Gebiet und es gibt diesen einen Berg, von wo aus man eine super Aussicht hat. Zumindest sagen die hier, dass es um Mellerud herum flach ist, aber da haben die Ottersberg und Umzu noch nicht gesehen!
Wir sind dann in den Wald gegangen. Es gibt dort nämlich ganz viele kleine Wege, weil dort früher ein Sanatorium für Tuberkulosekranke stand. Die sollten wohl viel an der frischen Luft laufen und deshalb hat der Gründer viele viele kleine Wege und Pfade geschaffen. Im Wald ging es bergauf und bald hatten wir diesen unglaublich guten Ausblick. Man konnte Mellerud und den Vänernsee sehen. Und man konnte sogar einen Hügel auf der anderen Seite des Vänern sehen und der See ist ungefähr 50km breit! Leider sieht man den Hügel auf den Fotos nicht, aber es sieht trotzdem superschön aus.
In diesem Wald gibt es ganz viele kleine Monumente und Figuren und solche Sachen. Nach einem kleinen Picknick an einem Steintisch, sind wir dann noch ein bisschen weiter durch den Wald gelaufen und dann ging es auch schon wieder zurück.
Einer der Lehrer meinte, dass der Schwedischkurs öfter solche Ausflüge macht, ungefähr einmal im Monat. Bald geht es dann also schon wieder irgendwohin, aber er wollte uns nicht verraten, wohin genau.
kleiner Teich im Kräutergarten |
Die super Aussicht |
Könnt ihr den kleinen Hügel hinter dem See sehen? -> andere Seite des Vänern |
Ding zum Feuersignal machen |
Picknick beim Steintisch |
Denkmal für die Tuberkulosetoten |
kleiner See im Wald |
Mit dem Gerät kann man auch Musik machen:) |
Am Donnerstag waren wir dann schon wieder in Dals Rostock. Dieses Mal nur mit Ambra, Birgitta und dem kleinen Hund Greven, um Pilze zu sammeln! Hier gibt es so unglaublich viele Pilze. Sobald man in ein Waldgebiet kommt, sieht man überall am Wegesrand Pilze. Leider habe ich keine Ahnung, welche man essen kann. Aber jetzt weiß ich, dass man zumindest von den kleinen Braunen mit dem gelben Stiel nicht stirbt. Die haben wir nämlich gepflückt und gestern gegessen. Ich glaube, das sind Pfifferlinge.
Wir sind dieses Mal weiter in eine andere Richtung gelaufen und so haben wir noch mehr von diesem wunderschönen Wald gesehen. Und wieder hatten wir an einem Punkt eine unglaubliche Aussicht. Dort haben wir uns dann auf einen großen großen Stein gesetzt und gepicknickt. Dieses Mal haben wir den Platz zum Heiraten im Wald gesehen, von dem uns ein Lehrer schon am Dienstag erzählt hatte. Dort gibt es tatsächlich einfach ein paar Bänke und ein paar große Steine, wo dann der Pastor und der Chor draufstehen können. Und die Kirche ist einfach nur ein Holzgestell. Das hört sich ganz schön hässlich an, aber es war sooo cool. Falls einer von euch demnächst heiraten möchte und keine Angst vor matschigen Grund, vielen großen Wurzeln und keinem Schutz vor Regen hat, dann sollte er unbedingt dort hingehen.
Wir haben dann tatsächlich einen Platz mit vielen vielen Pilzen gefunden und jetzt haben wir immer noch welche in unserem Gefrierschrank. Ich konnte kaum glauben, dass die Wege, die wir gegangen sind, tatsächlich auf der Karte von Birgitta verzeichnet waren. Das waren im Grunde nur minikleine Trampelpfade. Wäre ich alleine gewesen, hätte ich die gar nicht als Wege erkannt. Aber unglaublicher Weise gab es sie trotzdem auf der Karte!
Also, wenn irgendjemand mich mal besuchen kommt, dann werden wir auf jeden Fall nach Dals Rostock in den Wald gehen, weil es so superschön ist und ich noch viel mehr Wege dort entdecken will:)
"Kirche" im Wald |
Bänke für die Gäste |
Steine für Chor oder Pastor |
der Altar |
Noch ein Stein zum Draufstehen:) |
Pilze! |
viele viele weiße Bäume |
Nochmal schöne Aussicht vom Picknickplatz aus |
Ambra und ich mit ESSEN |
Birgitta und Ambra mit ESSEN |
Birgitta und ich mit ESSEN |
Nochmal gute Aussicht - dieses Mal von einem Aussichtsturm |
Aussichtsturm |
Pilze! |
Pilze! |
Übrigens sind wir jetzt endlich komplett! Barbara aus Polen ist am Dienstagabend angekommen. Natürlich ist auch ihr Zug nicht pünktlich gewesen. Die Züge haben hier grundsätzlich Verspätung. Nur meiner war pünktlich, da hatte ich ziemliches Glück. Eigentlich sollte Barbara um 20 nach 8 mit dem Zug ankommen und am Ende war sie um 10 mit dem Bus in Mellerud. Leider kann ich immer noch nicht wirklich viel über sie sagen, weil wir bisher noch nicht viel zusammen gemacht haben. Entweder waren Ambra und ich weg, wenn Janek und Barbara in der Wohnung waren oder es war genau andersherum. Gestern haben wir dann aber eine Hälfte der Pilze zusammen gegessen und sie scheint ganz nett zu sein. Jetzt kann es auch endlich zu Ikea gehen. Dort waren wir nämlich immer noch nicht. Dafür bekommen wir aber immer wieder Möbel und Bettlaken und Pflanzen von irgendwelchen Menschen, denen wir erzählen, dass unsere Wohnung so leer ist. Okay, Birgitta und Lars und Kickie sind nicht irgendwelche Menschen, aber Rainer, ich glaube der Artikel über das große Vertrauen der Schweden in fremde Menschen stimmt wirklich.
Das Schlechte an Barbaras Ankunft ist, dass von jetzt an der Weg zum Badezimmer versperrt ist. Wir müssen nämlich immer entweder durch Janeks oder durch Barbaras Zimmer laufen, um morgens in das Badezimmer mit der Dusche zu kommen. Und noch schlimmer ist, dass Barbaras Tür ganz furchtbar quietscht. Morgens schleicht man sich dort also durch und denkt nur „Sorry, sorry, sorry, bitte wach nicht auf, bitte wach nicht auf. Du darfst noch schlafen, bitte wach nicht auf.“ Ambra und ich haben beschlossen, dass wir uns jeden Tag ein Zimmer vornehmen. Mal ist Janek dran und mal Barbara.
Aber natürlich sind wir superfroh, dass endlich alle 4 Freiwilligen in Mellerud sind!:)
An alle „Gilmore Girls“-Fans (also Juri und Meret – oder noch wer?): Mellerud erinnert mich langsam an die Stadt von Lorelai und Rory in „Gilmore Girls“. Wir haben Lanes Mutter im Schwedischkurs, es gibt 4mal im Jahr einen kleinen Markt mit vielen kleinen Ständen und so auf dem Platz in der Stadtmitte (der Markt im Herbst ist heute!) – also eindeutig übertrieben oft. Und es gibt so seltsame Veranstaltungen, wie den Schrittwettbewerb. Der erinnert mich sehr an den Tanzwettbewerb in „Gilmore Girls“. Genauso sinnlos und seltsam, aber trotzdem lustig (sorry an alle, die Gilmore Gilrs nicht kennen und deswegen nichts verstehen!).
Bei dem Schrittwettbewerb geht es darum seine Schritte jeden Tag den ganzen Oktober über zu zählen (natürlich nicht selber, sondern mit so einem kleinen Gerät). Am Ende des Monats gewinnt dann derjenige, der am meisten Schritte gelaufen ist ein Fahrrad oder so (vielleicht, weil man dann das Laufen satt hat?). Es gibt aber auch Zufallsverlosungen unter allen Teilnehmern, also haben wir auch eine Chance! Ambra und ich machen nämlich tatsächlich mit. Wir sind zwar noch nicht angemeldet, weil man für die Anmeldung eine Personnummer braucht, die wir nicht haben. Aber wir kennen den Veranstalter, weil er im gleichen Gebäude arbeitet wie wir und deswegen sind wir ganz guter Dinge, dass es trotzdem klappt. Gestern war zwar Anmeldeschluss, aber wir haben schon Schrittzähler von Birgitta bekommen, deswegen muss es einfach klappen. Birgitta und Maria nehmen daran nämlich auch jedes Jahr teil und die Beiden haben uns auch dazu überredet mitzumachen. Also eigentlich kam Birgitta gestern einfach mit den Schrittzählern an und jetzt bleibt uns nichts anderes mehr übrig;) Heute bin ich schon 25 Schritte gelaufen: Ins Wohnzimmer und zurück, um den Laptop zu holen:D
Yay! Schrittzähler! |
Jetzt ist endlich jemand wach, ich habe Geräusche aus der Küche gehört. Es ist mittlerweile 09:13. Nur damit ihr mal wisst, wie lange ich an einem Eintrag schreibe;) Und die Fotos sind noch nicht mal hochgeladen!
Vielen lieben Dank an alle, die mir einen Brief oder eine Postkarte geschrieben haben! Ihr dürft euch auf Antwort freuen, ich muss nur noch Karten kaufen:) Und mindestens ein Paket ist übrigens angekommen, ich habe es nur noch nicht bei der Post abgeholt!
Hallo Lotte,
AntwortenLöschenDU HAST NEUE SCHUHE!!!???? Gerne Photo in groß!
Ich bekomme gerade so ein schleckliches Heimweh nach Wäldern!
Schade, dass ich schon auf dem Standesamt in Ottersberg geheiratet habe. Kann man das in Schweden wiederholen?? Hihi, frag doch mal nach.
Liebe Grüße,
Sanne
hey Lotte!!!!!
AntwortenLöschenSanne hat gesagt das ich ein Kommentar schreiben soll:).
Dals Rostock also;) Lustig
Ich freu mich schon wenn ich dich irgendwann Besuchen komme. Hört sich alles richtig toll an :)
Gégé ^^
:*
Hanne
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AntwortenLöschenIch finde es schön, dass Du so viel Freude an der Natur hast. Ich wünsche Dir, dass Du noch viele Pfifferlinge findest ( aber nur die genießbaren ).
AntwortenLöschenhälsningar från Ottersberg
Rainer
Bis jetzt waren alle genießbar! Zumindest sind wir noch nicht vergiftet und gestorben...:) Nein, keine neuen Schuhe. Das sind Birgittas Gummistiefel, die ich mir ausgeliehen habe.
AntwortenLöschenHabe heute das Paket abgeholt! Danke danke!:)